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#41
Liebe Anne, deine Hypothese ist aus ernährungsphysiologischer Sicht sehr gut nachvollziehbar. Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass der menschliche Körper auf einen generellen Nahrungsmangel mit hormonellen Anpassungen reagiert – insbesondere durch die vermehrte Ausschüttung von Glukagon, Adrenalin und Cortisol, die katabole Prozesse aktivieren, also unter anderem die Mobilisierung von Körperfett und Muskeleiweiß ermöglichen. Diese Prozesse setzen in der Regel jedoch nur dann ein, wenn ein kalorisches Defizit vorliegt. Wird dagegen ausreichend Energie zugeführt, aber das Proteinangebot bleibt niedrig, kann es zu einem funktionellen Mangel an essenziellen Aminosäuren kommen, ohne dass die genannten hormonellen Ausgleichsmechanismen anspringen.

In diesem Fall sind Symptome wie Leistungsminderung, Flüssigkeitsretention oder Veränderungen der Körperzusammensetzung möglich – insbesondere, wenn die Ernährung über längere Zeit stark fettbetont und proteinarm ist. Einige Beobachtungen deuten darauf hin, dass reines Fett – wie z. B. Knochenmark – bei sehr niedrigem Proteingehalt in größerer Menge konsumiert, zu einer Art ,,pseudoüberernährtem Mangelzustand" führen kann: energiereich, aber unvollständig in der Versorgung mit Baustoffen.

Evolutionsbiologisch betrachtet dürfte deine Vermutung zutreffen: Mageres Fleisch war vermutlich in der Altsteinzeit leichter verfügbar als Fett, da Wildtiere saisonal sehr unterschiedliche Fettreserven aufwiesen. Daher war Fett hochgeschätzt und wurde bevorzugt verzehrt – gleichzeitig jedoch meist zusammen mit eiweißreichen Geweben wie Muskelfleisch oder Innereien. Reine Fettkost ohne begleitendes Protein war wohl die Ausnahme und entsprach nicht dem typischen Beuteschema.

Die empfohlene Mindestzufuhr von 0,8 g Protein/kg Körpergewicht (bezogen auf Normalgewicht) stellt tatsächlich nur die unterste Grenze für Gesunde ohne Mehrbedarf dar. Bei körperlicher Aktivität oder einseitiger Ernährung (mit überwiegend Fett oder Kohlenhydraten) kann der tatsächliche Bedarf deutlich höher liegen.

Ein Vergleich verschiedener Fettquellen wäre tatsächlich hilfreich, um festzustellen, ob das beobachtete Phänomen konsistent oder spezifisch an bestimmte Nahrungsmittel gebunden ist.
#42
Leider habe ich nicht festgehalten, wie hoch der Fettanteil war, und kann es auch kaum einschätzen. Jedenfalls blieb mein Proteinkonsum oft erheblich unter dem empfohlenen Minimum von 0.8 Gramm Protein pro kg Körpergewicht (obwohl ich z. T. Sport in Form von Bergwanderungen o. dgl. mache). Einfach, weil ich insgesamt sehr wenig Fleisch esse.

Meine Hypothese ist, dass, wenn ich allgemein zu wenig esse (gemessen am kalorischen Tagesbedarf), bestimmte Hormone ausgeschüttet werden, die eine Mobilisierung von Reserven, inklusive Muskeleiweiß, ermöglichen. Dass aber die Voraussetzung für die Ausschüttung dieser Hormone ein allgemeiner Nahrungsmangel ist, so dass sie NICHT ausgeschüttet werden, wenn ich genügend Kalorien (via Fett) esse.

Wenn das stimmt, hätte ich nur die Wahl, entweder genügend Protein mit der Nahrung zu mir zu nehmen oder ein "Teilfasten" zu veranstalten... In der Steinzeit, so schätze ich, gab es wohl eher einen Mangel an Fett als an Protein, da man ja auf die Jagd ging?

Nein, ich habe die Fettquellen nicht miteinander verglichen. Ich denke, das Phänomen trat vor allem nach viel Knochenmark auf. Vermutlich, weil dieses so gut wie kein Protein enthält. 
#43
Liebe Anne, deine Beobachtung finde ich spannend – und ich frage mich gerade, was für dich konkret ein ,,zu hoher Fettanteil" bedeutet. Ich selbst esse seit Langem sehr fettbetont (mit hohem Anteil an Knochenmark und Baufett und habe solche Reaktionen wie Wassereinlagerungen bisher nicht bemerkt. Möglicherweise reagiert da jeder Organismus unterschiedlich, oder es spielen weitere Faktoren eine Rolle?

In der karnivoren Szene gibt es tatsächlich Diskussionen darüber, ob ein zu hoher Fettanteil – speziell ohne ausreichendes Protein – zu Unwohlsein oder Symptomen wie Lethargie, Verdauungsproblemen oder sogar Wassereinlagerungen führen kann. Manche sprechen vom ,,Fat-to-Protein-Ratio Sweet Spot", der individuell unterschiedlich sei. Von Wassereinlagerungen habe ich aber bisher nur vereinzelt in Zusammenhang mit Elektrolytmangel (v. a. Natrium/Kalium) gelesen – weniger als Reaktion auf ein Missverhältnis von Fett und Protein.

Dein Hinweis, dass du das Phänomen nicht bemerkst, wenn du allgemein wenig isst, ist interessant. Das könnte darauf hindeuten, dass bei kalorischem Defizit andere Prozesse greifen – wie du schon vermutest, z. B. Mobilisierung von Muskeleiweiß.

Hast du schon einmal probiert, verschiedene Fettquellen zu vergleichen? Vielleicht spielt auch die Tageszeit oder die Kombination mit Bewegung eine Rolle – ich bin z. B. körperlich recht aktiv und habe den Eindruck, dass mein Körper dadurch Fett gut verwertet und auch bei fettreichen Mahlzeiten ausgeglichen reagiert.
#44
Liebe Susanne, für mich bestätigt sich immer wieder, dass ein zu hoher Fettanteil in der Ernährung, der nicht durch entsprechenden Proteinkonsum "ausgeglichen" wird, kontraproduktiv ist. Ich fühle mich dann nicht so wohl oder entwickle im Extremfall sogar leichte Wassereinlagerungen (bei langem Sitzen in Füßen/Unterschenkeln). Durch Knochenmark kann man den Fettkonsum durchaus in die Höhe treiben, während man zugleich praktisch kein Protein zu sich nimmt. Du hast dich ja mit einer karnivoren Ernährung beschäftigt. Haben diese Beobachtung auch schon andere gemacht? Hast du anderswo schon einmal davon gelesen oder gehört? Das Problem tritt übrigens nicht auf, wenn ich generell zu wenig esse und sich der Körper das fehlende Protein offenbar aus seinen Reserven (Muskeln?) holen kann. Und natürlich tritt das Problem ebenfalls nicht auf, wenn ich genügend Protein esse.
#45
Seit der Lektüre "Böses Gemüse" von Dr. Steven R. Gundry lag es mir am Herzen, für das Rohkost-Wiki einen Artikel über "Gemüse in der Rohkost" zu schreiben. Heute habe ich ihn veröffentlicht:


PS: Im Laufe der letzten Tage sind außerdem zahlreiche neue Pflanzenartikel entstanden. Bei Interess gerne im Wiki auf "Letzte Änderungen" klicken. Alle neuen Artikel haben ein "N" vor ihrem Eintrag.
#46
Rohkost im Alltag / Antw:Ernährung roh, Körper roh
Letzter Beitrag von Susanne - 20. Mai 2025, 14:20:06
Es ist faszinierend, wie du immer wieder flexibel deine Ernährungsbasis anpasst, je nachdem, was dir gerade zur Verfügung steht. Du bist ein echter, urzeitlicher Überlebenskünstler!

Was mir an deinem Ansatz gefällt, ist die praktische Seite: Du nutzt den "Fleischnachschub" bestens aus, und das klingt nach einer sehr effektiven Methode, deinen Vorrat zu verwalten.

Ich muss allerdings gestehen, als erfolgreiche Jägerin bin ich glücklicherweise nie auf "Notnahrung" angewiesen und kann mein Menü immer nach Lust und Laune gestalten. Ich betrachte das als Vorteil, aber deine Lebensweise ist sicherlich die ursprünglichere.
#47
Rohkost im Alltag / Antw:Ernährung roh, Körper roh
Letzter Beitrag von Manfred - 20. Mai 2025, 12:36:25
Es ist nicht das erste Mal, daſs ich meine Ernährungsbasis wegen veränderter Lebensmittel-Verfügbarkeit ändere.
 Hat es eben in der wegen Aufgebrauchthaben von Fleisch kürzlich auf Pflanzen-Basis umgestellten Ernährung sich noch abgezeichnet, daſs die Anzahl meiner täglichen Mahlzeiten ällmählich wieder zunehmen wird, so wird heute ein unerwartet früher Nachschub von Fleisch die erneute Umstellung auf Fleisch-Basis bewirken, wodurch ich sofort erneut wieder völlig in den Rythmus nur weniger Tagesmahlzeiten kommen werde.

Das Wechseln der nutritiven Lebewesensreich-Basis gefällt mir aus 3erlei Gründen:
⒈ begünstigt das Steigern des Fleischbedarfs infolge pflanzen‑basierter Ernährung mir sehr rechtzeitiges Verbrauchenkönnen unerwartet und preisgünstig bekommen habender Fleisch-Großmengen,
⒉ führte unter kräuter- und maikäfer-basierten Wildnisdiäten auch der Verzehr eines verunglückten Vogels zu deutlich weniger oder kürzeren Tagesmahlzeiten, und
⒊ war das Jagdglück während des Früh-Paläolithikums sicherlich sehr unregelmäßig.
#48
Rohkost im Alltag / Antw:Ernährung roh, Körper roh
Letzter Beitrag von Susanne - 18. Mai 2025, 18:16:23
Was ich voll und ganz bestätigen kann, ist deine Beobachtung zur Kombination aus fleischbasierter Rohkost und verlängerten Fastenzeiten: Seit ich mich überwiegend von Fleisch, Fett und Mark ernähre, fällt mir das intermittierende Fasten nicht nur leicht – es ergibt sich ganz natürlich. An manchen Tagen esse ich nur eine Mahlzeit. Interessanterweise sind auch die während einer Mahlzeit verzehrten Mengen kleiner geworden.

Ein Hungergefühl, wie ich es aus früheren Zeiten kannte, tritt kaum mehr auf. Eher kommt eine tiefe, ruhige Leere, die nicht drängt, sondern klar signalisiert: Jetzt wäre Nahrung sinnvoll – aber nicht zwingend.

Diese Form der Sättigung, die durch tierische Rohkost erreicht wird, empfinde ich als sehr stabilisierend – nicht nur physisch, sondern auch emotional. Ich fühle mich damit zentrierter, klarer und weniger anfällig für Reize von außen. Das ständige Denken ans Essen wie nach einer reinen Früchtemahlzeit ist weitgehend verschwunden. Auch das Gefühl, man ,,müsse etwas essen, weil es Zeit ist", hat sich aufgelöst.

Interessant fand ich deinen Satz: ,,Der Fleischverzehr scheint mir die 15-stündige Ganzfastenzeit, die 18-stündige Teilfastenzeit [...] zum Vergnügen zu machen." – Genau das ist es. Es fühlt sich nicht wie Verzicht an, sondern wie ein natürlicher Rhythmus, der mir mehr Energie und Freiheit gibt.

Ich bin gespannt, ob sich dein Rhythmus mit der Zeit weiter verändert – gerade wenn du, wie erwähnt, derzeit weniger Fleisch zur Verfügung hast.
#49
Rohkost im Alltag / Antw:Ernährung roh, Körper roh
Letzter Beitrag von Manfred - 18. Mai 2025, 17:55:52
Vielleicht wird mein Bedarf an Krautgemüsen und das damit verbunden vormittägliche Zufriedenheitsgefühl nicht nur durch Fleischverzehr begünstigt, sondern auch durch die Prägung des Körpers infolge früherer Übungen, bei denen ich 24 Stunden lang außer Wasser keinerlei Lebensmittel verzehrte, um anschließend auf Überlebens-Übungen oder abendlichen Rohköstler-Treffen an kostenlosen Wildkräutern, ersatzweise an Kulturkräutern und an preisgünstigen Äpfeln so viel Bedarf zu haben, daſs ich davon wesentlich mehr als sonst genüſslich essen kann.
 Der Fleischverzehr scheint mir die 15‑stündige Ganzfastenzeit, die 18-stündige Teilfastenzeit und den Kräuterverzehr zum Vergnügen zu machen.
#50
Rohkost im Alltag / Antw:Ernährung roh, Körper roh
Letzter Beitrag von Susanne - 18. Mai 2025, 11:58:14
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Besonders die Beschreibung deiner aktuellen Auswahl und Kombination der Kräuter finde ich interessant. Dass du mit der Zeit ein so fein abgestimmtes Wechselspiel zwischen scharfen, milden, bitteren und saftigen Kräutern entwickelt hast, zeigt, wie differenziert dein Körpergefühl ist.

Bei mir sieht das im Moment ganz anders aus: Ich nehme derzeit nur sehr kleine Mengen an Wildpflanzen zu mir – Wiesen-Bocksbart (Stängel und Blüten), Taubenkopf-Leimkraut (Blütenknospen) und gelegentlich ein paar Löwenzahnblüten. Das Verlangen nach größeren Mengen oder nach kräftig schmeckenden Kräutern ist fast völlig verschwunden, selbst nach Fleischmahlzeiten. Das war früher deutlich ausgeprägter – auch Bärlauch und Knoblauchsrauke habe ich in der Vergangenheit gerne gegessen, aber inzwischen ziehen sie mich überhaupt nicht mehr an.

Was du zur Zahngesundheit in Verbindung mit Missverdauung schreibst, kann ich gut nachvollziehen. Auch ich hatte früher Probleme nach ungünstigen Kombinationen. Implantate besitze ich übrigens nicht – meine Brücken und Kronen sitzen auf dem, was von den ursprünglichen Zähnen noch übrig ist. Solange das so funktioniert, sehe ich keinen Grund für Eingriffe mit Fremdmaterial im Kiefer.

Das Gorilla-Buch klingt spannend – die Idee einer instinktiven Abfolge von Mahlzeiten innerhalb einer größeren Vielfalt an natürlichen Pflanzen erinnert an manches, was ich aus der Tierbeobachtung kenne.